Natürliche Geburt von Zwillingen: Mein Geburtsbericht - Teil 1
Triggerwarnung: In diesem Geburtsbericht verarbeite ich die teilweise traumatischen Erfahrungen der Geburt meiner Zwillingsmädchen. Wenn du gerade schwanger bist und mit Ängsten zu tun hast, solltest du hier vielleicht nicht weiterlesen.
Vorstellung vs. Reality

Schon bevor ich überhaupt schwanger war,
hatte ich ein ziemlich genaues Bild von der Geburt meiner zukünftigen Kinder: Möglichst natürlich, im besten Fall keine PDA, am liebsten im Geburtshaus, gerne eine Wassergeburt. Als ich die Nachricht bekam, dass ich mit Zwillingen schwanger sei, veränderte das so ziemlich alles. Sofort dachte ich an einen Kaiserschnitt, drohende Frühgeburten und lange Aufenthalte auf der Neugeborenenstation. Also begann ich mich zu informieren und las so ziemlich alles, was ich zum Thema Zwillingsgeburten in die Finger bekam.
Das Geburtshaus und die Wassergeburt waren leider direkt gestrichen, da beides in den meisten Fällen als zu riskant für eine Geburt von Zwillingen gilt. Stattdessen: Lieber auf Nummer sicher, lieber ein Krankenhaus mit Perinatalzentrum. Aber - ich fand heraus, dass eine Spontangeburt auch bei Zwillingen grundsätzlich möglich ist und gar nicht so selten vorkommt.
Bei meinem Anmeldegespräch im Krankenhaus ging ich dieses Thema mit der leitenden Oberärztin durch. Ich hatte das Gefühl, dass sie nicht gerade Luftsprünge machte, aber das war mir egal. Sie stimmte der Spontangeburt zu, solange die folgenden Voraussetzungen erfüllt waren: keine extreme Frühgeburt, keine Beckenendlage des führenden Zwillings, keine größeren Komplikationen. So weit so gut.
Die Ärztin erklärte mir auch, dass wir ab der 38. Woche über eine Einleitung nachdenken sollten. Davon war ich wiederum nicht begeistert, schließlich wollte ich, dass die Geburt so natürlich wie möglich ablief. Trotzdem verbuchte ich das Gespräch als Erfolg und ging zufrieden nach Hause.
Auch in meinem Umfeld wurde die Geburt zunehmend ein Thema.
“Die beiden kommen dann per Kaiserschnitt zur Welt, oder?”
- war eine der meist gestellten Fragen. Dabei erwartete mein Gegenüber meist eine Zustimmung und war fast schon verwirrt, wenn ich antwortete, dass ich es gern mit einer Spontangeburt versuchen wollte. Doch das sollte mich nicht verunsichern, im Gegenteil bestärkte es mich, weil ich einen eigenen Weg für uns gewählt hatte.
Vorbereitungen
In den folgenden Wochen bereiteten mein Freund und ich uns so gut vor, wie es nur ging. Wir machten gleich zwei Geburtsvorbereitungskurse, einer davon war extra auf Zwillingseltern ausgerichtet. Um einschätzen zu können, was auf mich zukommen sollte, las ich Geburtsberichte. Welche die mir Mut machten und welche, die mein absolutes Horrorszenario beschrieben: Der erste Zwilling kommt spontan auf die Welt, der zweite muss mit einem Notkaiserschnitt geholt werden.
Zum ersten Mal dachte ich doch ernsthaft über einen geplanten Kaiserschnitt nach. Wer will schon die

Folgen von zwei unterschiedlichen Geburten auf einmal erleben?
Was mir mindestens genauso viel Angst machte, war die Vorstellung, die Tage im Krankenhaus alleine mit zwei Kindern sein zu müssen. Denn aufgrund von Corona war es in meinem Krankenhaus nicht möglich, ein Familienzimmer zu bekommen.
Auf meine Frage, wie ich das alleine mit Zwillingen schaffen sollte, wurde geantwortet “Sie sind nicht alleine, wir sind ja da. Und wenn sich die Situation mit Corona bis zu ihrer Geburt entspannt, sind Familienzimmer vielleicht wieder möglich.” Spoiler: Die Situation entspannte sich nicht.
Der Satz “Zwillinge kommen ja gerne mal zu früh”, verfolgte mich nahezu während der gesamten Schwangerschaft. Doch ich versuchte ihn abzuschütteln, die ganzen Sorgen hinter mir zu lassen und mich auf das bestmögliche Szenario zu konzentrieren. Dabei half mir die positive, mentale Geburtsvorbereitung “die friedliche Geburt”.
Schock in der 32. SSW
In der 32. Schwangerschaftswoche war meine Mutter zu Besuch. Wir hatten Pläne: Gemeinsam durch die schönsten Baby-Läden in Prenzlauer Berg streifen und den Gefrierschrank mit selbstgekochten Gerichten für’s Wochenbett füllen.
Wir waren gerade auf dem Rückweg vom Einkaufen, als ich ein leichtes Ziehen im Unterleib spürte. Ich versuchte ruhig zu bleiben, schließlich hatte ich viel über Übungswehen gelesen, die im letzten Trimester einsetzen sollten. Trotzdem stattete ich meiner Frauenärztin einen Besuch ab - sicher ist sicher.
Meine Ärztin untersuchte mich und machte ein CTG. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam das Ergebnis: Zervixinsuffizienz. Vorzeitige Wehen.
“Ich muss Sie sofort ins Krankenhaus schicken.”
Das war der Punkt, an dem ich zum ersten Mal so richtig besorgt war. Auf meine Antwort, dass ich dann mal nach Hause fahren und packen würde, entgegnete die Ärztin nur: “Ich kann sie nicht gehen lassen. Sie bleiben hier liegen und rufen jetzt Ihren Partner an, der soll sie dann sofort ins Krankenhaus bringen, ohne Umwege.” Jetzt bekam ich Angst.

Im Krankenhaus angekommen, wurde ich aufgenommen, untersucht und erhielt die Bestätigung: Uns drohte eine Frühgeburt. Ich wurde auf ein Zimmer mit zwei anderen Frauen verlegt, die sich beide in derselben Situation befanden.
Was mir Mut machte: Die Ärzt*innen hatten einen Plan, ich fühlte mich gut aufgehoben. Neben einem Wehenhemmer bekam ich zwei Spritzen, welche die Entwicklung der Lungen meiner Kinder unterstützen sollten. So hätten meine Mädchen im Falle einer Frühgeburt bessere Chancen darauf, selbstständig atmen zu können. Wie krass ist bitte die Medizin?!
Außerdem hieß es: Strikte Bettruhe. Statt also mit meiner Mama das Wochenbett vorzubereiten und die ersten wirklich warmen Tage des Jahres zu genießen, lag ich mit meinem bereits schon sehr stolzen Bauch im Krankenhaus und betete, dass wir die Geburt so lange wie möglich hinauszögern könnten.
Eine Woche blieb ich im Krankenhaus, kein Besuch und so schreckliches Essen, dass mein Freund täglich ein Fresspaket für mich am Empfang abgab. Und wir hatten Glück: Die Behandlung schlug gut an und nach einer Woche durfte ich wieder nach Hause. Ich war unglaublich dankbar und verbuchte den Besuch im Krankenhaus als wertvolle Erfahrung. Denn durch Corona hatten wir nicht die Möglichkeit gehabt, den Kreißsaal für die Geburt zu besichtigen. So hatte ich ein kleines bisschen weniger Angst vor dem großen Unbekannten.
Der Countdown läuft

Nach diesem Zwischenfall wollte ich noch besser vorbereitet sein. Ich packte umgehend meine Kliniktasche zu Ende und besorgte die letzten Dinge fürs Kinderzimmer. Außerdem hieß es “langsam machen”.
Ich musste zwar keine richtige Bettruhe mehr halten, sollte mich aber auch nicht zu sehr anstrengen.
Das Erreichen jeder weiteren Schwangerschaftswoche feierten wir nun erst recht als Meilenstein. Und je mehr Tage wir erfolgreich hinter uns brachten, desto erleichterter war ich.
Doch mit jeder weiteren Woche wuchs nicht nur mein Bauch, auch die Beschwerden nahmen zu. Mittlerweile hatte ich über 20 kg zugenommen - ein Großteil davon waren Wassereinlagerungen in meinen Beinen.
Das zusätzliche Gewicht machte meinen Knochen und Gelenken zu schaffen, sodass fast jede Bewegung anstrengend war und schmerzte. Osteopathie und ein Stützgürtel für den Bauch halfen mir nur bedingt. In der 36. Woche konnte ich nachts kaum noch schlafen. Von meinen Klamotten passte mir fast nichts mehr, bis auf ein riesiges Kleid, das ich “das Zelt” nannte.
“Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr”,
waren Gedanken, die mir nun beinahe täglich durch den Kopf gingen. Und die Kinder? Die hatten es sich nochmal so richtig gemütlich gemacht.
Lies im nächsten Teil meines Geburtsberichts, warum meine Ärztin plötzlich Alarm schlug und das meine Pläne komplett auf den Kopf stellte.